oly-e Adventskalender 21.12.2021

Es ist ein endloses Thema, auch wenn mit der DSGVO die Diskussionen deutlich weniger wurden, und nachdem Herr Leuthard als Zugpferd ausfiel, und die Streetfotografie irgendwie aus dem Fokus geraten ist – das Thema ist da und gerade in Zeiten von Maskenpflicht auf der Straße hat das ja noch mal ne ganz neue Qualität bekommen. Dieses Foto ist auf jeden Fall vor der Pandemie entstanden, als es in Tondern noch Folkfestivals gab. Und der Kollege einfach so dasaß und mit der Klampfe irgendwelche Songs improvisierte.

Viele Straßenmusiker sind es gewohnt, wenn sie geknipst werden, nach der Methode “wer sich produziert, wird konsumiert” und gelegentlich sind sie ja auch recht begeistert davon – schließlich ist heuzutage auch Insta-Fame über kurz oder lang Geld wert. Dave war mehr so von der analogen Sorte und wollte sich gerne erstmal mit mir unterhalten, bevor er sich knipsen ließ. Kommt vor. Und ist auch meistens sehr interessant. Regel eins bei Street: Zeit nehmen. Auch wenn es Leute mal geil fanden, nach der Methode “Shoot and run” zu “arbeiten. Menschen sind interessant.

Das Bild ist natürlich klassisch Street schwarz/weiß. Wobei das gerade in Tondern mit den Klinkerfassaden eigentlich wesentliche Dinge auslässt.

Gelegentlich kann man nicht fragen. Die drei Youngster saßen an einer Gracht in Amsterdam – da hat man, wenn mit einem Boot vorbeischippert weder vorher noch hinterher die Möglichkeit zu fragen. Ausweg: der Gemälde-Artfilter. Und wem das quitschbunte zu heftig ist, der kann ja – leider nur in Workspace – den Bildmodus auf Monotone umstellen und dann den Artfilter Gemälde drauf anwenden. Damit man sieht, ob das gut kommt, sollte man aber bereits vor Ort in Gemälde knipsen weil Farbverläufe eben schnell komische Stufen kriegen. Das sieht manchmal gut aus, manchmal kann man auch drauf verzichten.

Wen’s interessiert – meine Ente hat wieder TÜV. Und ja, dieses Bild ist “inszenierte Streetfotografie”. Gut gemachte inszenierte Streetfotografie ist nicht von “echter” Street zu unterscheiden. Leuthard hat zum Schluss die ganzen Fotos die er für Olympus gemacht hat, auch gestaged – weil es natürlich richtig böse ausgehen kann, wenn eine Firma eine europaweite Werbekampagne fährt und dann meldet sich wer “Äh – das bin ich. Da hätte ich gerne mal eine adäquate Summe – näheres erfahrt ihr von meinem Rechtsanwalt….”

Gelegentlich fahre ich irgendwohin, wo ich hoffe, ein bisschen Lokalkolorit zu kriegen. Da ich jetzt aber selbst nicht unbedingt von Touris als typischer oberpfälzer Franken-Alm-Öhi geknipst werden möchte, nehme ich mir jemand mit, den ich in die entsprechende Tracht stecke. Natürlich sind das meistens junge, hübsche Models – liegt auch daran, dass Models halt nun mal meistens jung sind. Wenn ein Model in meinem Alter mal Lust hat, mit mir ne Woche durch die Gegend zu touren, seltsame Klamotten zu tragen und sich in irgendwelchen Hauseingängen rumzudrücken – und dafür außer den Spesen nichts zu kriegen – bitte bei mir melden.

ArtFilter partielle Farben. Fällt kaum auf? Naja, das ganze Grün wirkt halt auf einmal ziemlich angestaubt. Passt aber zu dem, wie ich mir die Sache vorgestellt habe. Kleiner Tipp – wenn man tatsächlich inszenierte Street machen will, sollte man zuerst “Location Scouting” betreiben. Also alle geplanten Straßen ablaufen und fotografieren. Perspektiven checken, Brennweiten und das Licht. Es ist mir oft passiert, dass ich vor Ort schwer begeistert war und dann bei der Ansicht der Bilder von der Location die Sache fallen habe lassen. Da haben die Sichtachsen nicht gepasst, es standen Autos im Weg – oder eben keine Autos, oder ein Baum an der falschen Stelle oder irgendwelche Mülleimer oder Ladesäulen. Solange man da nur selber rumeiert oder im schlimmsten Fall mit dem Model Sightseeing macht, dann ist das zwar aufwändig, aber richtig doof ist es, wenn das Mädel im Outfit aufläuft und man nach zwei Stunden Gekrampfe feststellt – die Location funktioniert nicht. Ich habe schon hochgelobte Foto-Hotspots gesehen, wo man kein gerades Bild machen kann – und dafür namenlose Bauerndörfer, die ein Street-Paradies waren.

Wenn man touristisch unterwegs ist, sind natürlich Kirchen ein “Must-Knips”. Ich gestehe, wenn ich kann, gehe ich da rein. Auch wenn ich schon gefühlt tausend Kirchen von innen fotografiert habe, es ist immer wieder spannend. Klar – Fotoverbote sind zu beachten, die Kirche hat das Hausrecht. Aber wenn man fotografieren darf (elektronischer Verschluss!) kann man auch in Kirchen tolle “Streets” machen. Personen in Bänken zum Beispiel – natürlich von hinten (lange Brennweite, offene Blende). Oder, wenn die Sonne scheint, einfach mal das ausnutzen:

Nein, kein Fish. Das Fishcap. 1/30s ISO 800. Lautloser Verschluss. Wenn man den Punkt mit dem richtigen Licht gefunden hat, muss man nur noch warten. Bei solchen Bildern ist sogar die omnipräsente FFP2-Maske irrelevant.

Oft ist das richtige Licht gar nicht zu sehen, sondern man muss es suchen. Wo steht die Sonne? Wo wirft sie ihre Schatten? In welcher Höhe muss ich meine Kamera halten, dass sie einerseits den richtigen Effekt gibt (z.B. Betonung Vordergrund) und andererseits das Licht passt. Ausklappdisplay ist da unverzichtbar. Ich kann mich da nicht fünf Minuten in den Durchgang hocken, mit der Kamera am Auge und hoffen, dass mir jemand vor die Linse läuft – denn der weiß ja nicht, dass ich von ihm nur einen Schatten bekomme – der sieht das Licht ja nicht. Im Gegenteil, höfliche Leute warten dann bewusst, dass sie nicht ins Bild laufen. (Und sind dann bei UWW schon längst drin…….)

Zum Schluss noch mal Musik:

Das ist in Landshut beim “Spektakel” entstanden. Das ist also kein “Straßenmusikant” sondern ein “normaler Künstler”. Das ist der Geiger von Guappecartò. Die standen auf einer dieser typischen LKW-Bühnen. Plane im Hintergrund, keine Lightshow, alles gerammelt voll mit Technik und Musikern. Optik von vorne nur mittelgut. Freistellen unmöglich. Also bin ich schräg hinter die Bühne – glücklicherweise war die Seite offen – und habe ihn gegen die Fassade auf der anderen Seite des Platzes abgelichtet. Freistellen mit Unschärfe und Licht. Man muss nicht immer das Motiv beleuchten, manchmal geht es auch andersrum. (Und der Platz schräg hinter der Bühne war wunderbar frei….)

Generell – wenn ihr Straßenkünstler fotografieren wollt, lange Brennweite und von der Seite oder von schräg hinten. Oft stehen die Künstler schon wegen der Akustik vor einer Wand, die ihr zwangsläufig mit drauf kriegt. Der Abstand zum Publikum ist meistens größer und vor allem sieht das dann nach Action aus. Und keine Sorge, das Publikum kriegt ihr in die Unschärfe. Wenn der Straßenkünstler nicht – wie beim Spektakel – offiziell bezahlt wird, ist, siehe oben, natürlich eine Spende angesagt.

Und zum Thema Spende übrigens: Wie man sich am oly-e.de-Adventskalender zugunsten des Klabautermann eV beteiligen kann, steht hier.