oly-e Adventskalender 19.12.2021

Heute gibt’s mal einen Tipp, von dem man eigentlich denkt, ist doch absolut klar, das geht gar nicht anders. Ich sehe aber immer wieder bei meinen Seminaren, dass genau das falsch gemacht wird. Heute geht es um den AF-Punkt. Zu früheren DSLR-Zeiten gab’s einen AF-Punkt mit Kreuzsensoren in der Mitte und die außenrum waren alles Linearsensoren, deren Performance eher so mittelgut war. Also hat man den mittleren AF-Punkt genommen und dann verschwenkt. Das war im Bewegungsablauf “drin”.

Bei den Systemkameras sind die Sensoren aber über den gesamten Bereich verteilt. Man kann sich also einen oder mehrere raussuchen, den AF-Punkt genau da hinlegen, wo dann später das Motiv sein soll und erst dann die Kamera hochnehmen. Dann muss man nur noch mit dem AF-Punkt auf das Motiv zielen und durchdrücken. Das geht weit schneller. Und exakter. Beim Verschwenken muss man nämlich den Auslöser halb gedrückt halten – wenn man abrutscht kann es passieren, dass der AF nicht die angreifenden Horden erwischt, sondern den Hintergrund. Und das sieht man dann halt erst hinterher. Bei dem Bild ging’s um C-AF, da geht Verschwenken sowieso überhaupt nicht – die Alternative ist, die Bilder zentriert aufzubauen und hinterher zu beschneiden. Abgesehen davon, dass man dann teuer bezahlte Sensorauflösung verliert ist das fotografisch weder notwendig noch befriedigend.

Hier haben wir Aki Murata (mittlerweile Chef OMDS Amerika) und Andreas H. Bitesnich. (österreichischer Aktfotograf) bei der Präsentation der PEN-F. Fokus liegt auf Aki. Verschwenken ist hier keine gute Idee weil man dann die wunderbare Gestik von Herrn Bitesnich verpasst. Und da ja noch andere Gäste unterwegs sind, hätte es sein können, dass mir beim Verschwenken jemand ins Bild läuft. Mit dem AF-Punkt auf Aki habe ich ein halbes Dutzend Bilder, alle perfekt scharf und mit unterschiedlicher Gestik. Das Gesicht von Bitesnich ist leicht in der Unschärfe, aber hier ging es mir um die Hände – und die sind scharf. (Bitesnich hatte damals die PEN-F vorab bekommen und sollte für die Ausstellung Bilder machen. Er hat mir erzählt, dass er nur RAWs gemacht und die dann in Photoshop weiterverarbeitet hat. Anscheinend hat ihm keiner erklärt, was der Gag an der PEN-F ist…..)

JiuJitsu mit der PEN-F. Die PEN-F ist jetzt nicht wirklich die ultraschnelle Sportkamera – aber wenn man den AF richtig setzt und sauber arbeitet, ist das problemlos möglich. Verschwenken? Geht gar nicht. Und natürlich muss man aufpassen, dass man nicht den Hintergrund erwischt. Gerade bei 40mm ist das ein Problem – man sieht es im Display nicht. Ach ja: 40mm aus zwei Gründen: Schärfentiefe – und Abstand. Als Journalist sitzt man ja fast am Mattenrand. Wenn ich da auf 150mm gegangen wäre, wären mir dauernd Zuschauer ins Bild gelaufen. War so schon schwierig, weil die Kampfrichter natürlich keinerlei Rücksicht genommen haben. Auch deshalb: Verschwenken kostet Bild.

Nochmal ein Bild von der PEN-F-Präsentation. Hier wäre es mit Verschwenken gegangen, weil das Mädel tapfer geposed hat Aber mit AF-Punkt gleich am richtigen Punkt geht es natürlich schneller – und fehlerfreier. Denn das Licht war eher suboptimal und der AF wird bei schlechtem Licht nicht besser. Da ist es praktisch, wenn der AF dann auch safe am richtigen Punkt sitzt. Was natürlich auch noch nett ist: wenn man nicht verschwenken muss, kann man sich darum kümmern, die Kamera gerade zu halten. Und man ist weit schneller fertig. Der ganze Shoot mit acht Bildern hat gerade mal 20 Sekunden gedauert. Ich habe es erlebt, dass Fotografen, die verschwenken, für vier Bilder zehn Minuten brauchen. Weil sie durch das Verschwenken nach jedem Bild erst in die Vergrößerung gehen müssen um zu kontrollieren ob sie die Bildkomposition und den Fokuspunkt getroffen haben. Das Model steht in der Zeit auf der Pappe wie bestellt und nicht abgeholt. (Noch was: die Aufnahmeansicht liefert wertvolle Infos: stimmt das Licht, stimmt die Bildkomposition, stimmt der Fokus. Viele schalten die Aufnahmeansicht ab – und müssen dann zur Kontrolle erst umständlich Knöpfchen drücken. Solange die Motive nicht davonlaufen, ist das sicher machbar. Aber ich habe auch schon erlebt, dass Fotografen eine ganze Session durchgeschossen haben und dann erst hinterher festgestellt haben, dass das Licht Grütze war.)

Und gerade, wenn man Personen knipst ist es einfach ultraschnell, wenn man die Kamera bereits korrekt eingestellt hat – Belichtung und AF-Punkt – bevor man sie in Stellung bringt. Der große Vorteil: man hat schneller geknipst, als die Leute reagieren können. Denn man muss ja wirklich nur noch den AF-Punkt in Deckung mit dem Motiv (Auge) bringen und auslösen. Fertig. (Ich halte übrigens von der Gesichtserkennung nichts. Sie ist langsam und fehleranfällig und will an meiner Belichtung rumschrauben. )

52mm f/4. Obwohl wir hier ein absolut statisches Motiv haben, sollte man hier den AF-Punkt sehr genau legen. Die Schärfentiefe langt nämlich gerade eben so durchs Motiv. Wenn man den AF-Punkt zentral legt, werden die Hände der Dame scharf aber das Gesicht des Herrn bereits weich. Wenn eine Gesichtserkennung den Herrn erwischt, ist die Hälfte des Brautkleids unscharf. So schräg es ist – Schärfentiefe ist auch bei FT ein knappes Höschen….. in dem Fall entweder einen Schärfentiefrechner bemühen oder zwei, drei Testshots. Auch hier: Verschwenken macht die Sache ungenau.

Und zum Thema Klabautermann: Wie man sich am oly-e.de-Adventskalender zugunsten des Klabautermann eV beteiligen kann, steht hier.