DOF – theoretisch, praktisch?

Datum: 22.10.2007 Uhrzeit: 12:18:18 Otto R. Hallo liebes Forum, ich hab mal versucht, auf theoretischem Wege herauszufinden, welches Objektiv sich wie gut für Freisteller eignet. Das Ganze habe ich für Querformatsaufnahmen mit einer Objektgrö¶ße von 50cm durchgerechnet (~Portrait). Die Distanz zum Objekt habe ich jeweils so angepasst, dass es formatfüllend abgebildet wird. Jetzt ist es aber so, dass ich meine Ergebnisse nicht so ganz glauben kann ;-). z.B. hätte ich mir vom Zuiko 50-200 bei f3,5/200mm eine viel geringere Schärfentiefe erwartet, als von einem 14-54 bei f3,5/54mm. Klar, die Objektentfernung ist nicht die selbe, aber… Kann mir jemand auf die Sprünge helfen? Meine Ergebnisse waren: DOF Zuiko 50 f2,8; d=4 Total 0.09 m Sigma 105 f2,8; d=4 Total 0.12 m Zuiko 14-54 f3,5; d=2 Total 0.14 m Zuiko 40-150 f5,6; d=6 Total 0.26 m Zuiko 50-200 f3,5; d=8 Total 0.17 m Die Entfernung zum Objekt (=d) habe ich mit: Brennweite * (1 + Objektgrö¶ße / Bildgrö¶ße) berechnet, wobei ich für die Objektgrö¶ße eben mit 500mm gerechnet und für die Bildgrö¶ße 13,5mm (Sensorhö¶he bei Querformat) eingesetzt habe. Die jeweiligen DOF – Werte hab ich auf http://www.dofmaster.com/dofjs.html berechnen lassen. Ganz genau sind die Werte nicht, da ich schon mal 1,9m auf 2m aufgerundet habe. Ich denke aber mal, dass das nicht DEN großen Einfluss auf die Ergebnisse haben dürfte. Oder wirkt ein Foto, das mit großer Brennweite aufgenommen wurde einfach besser“ freigestellt —————————————————————————————————————————————— Datum: 22.10.2007 Uhrzeit: 16:11:03 HJM Hallo Otto, es hängt ganz von der Szene und dem Ziel ab, wenn es darum geht, welches das geeigneste Objektiv zum Freistellen ist. Einigen wir uns erstmal darauf, dass wir hier über den 4/3-Sensor reden und nicht evtl. einen Ausflug zu APS-C, APS-H oder FF wagen, denn dann würde ich dafür plädieren gleich etwas passenderes zum Freistellen“ zu suchen und das wäre ein —————————————————————————————————————————————— Datum: 22.10.2007 Uhrzeit: 18:08:59 Hermann Schmitt Hallo Otto, ganz verstanden habe ich nicht, was denn nun genau Deine Frage ist. Generell gilt natuerlich, dass – je groesser die Brennweite und je offener die Blende, desto kleiner die Schaerfentiefe (DOF) und desto besser die Freistellung“; —————————————————————————————————————————————— Datum: 23.10.2007 Uhrzeit: 8:52:39 Otto R. Danke für die Antworten! (Da hat sich ja jemand Zeit dafür genommen!) @HJM: Nein, nein, ich will hier nicht über Sensortypen, etc. sprechen. Ich bin ja erst vor kurzem auf Olympus WEGEN der sich für mich ergebenden Vorteile gewechselt. Und dass Freisteller mit dem E-System etwas schwieriger (oder teurer 😉 sind, war mir vorher klar. Ich hätte nur eben gerne einen Tick mehr Hintergrundunschärfe, wie das 14-54 fabriziert. Da wär für mich eben das 50-200 erste Wahl, aber das ist mir leider auch gebraucht noch zu teuer und da hab ich mir eben gedacht das Sigma 105mm wäre eine Übergangslö¶sung, vor allem da ich ja gerne für später aus verschiedenen Gründen das 70-300 auch gerne hätte… Einen Oly-Nikon-Adapter hätte ich sogar hier rumliegen… hmm… Kö¶nntest du mir vllt. Fotos, die mit dem 80-200 gemacht wurden, mailen? @Hermann: Na da bin ich ja beruhigt. Also kann man mit längeren Brennweiten doch besser freistellen. Aber gibt’s da auch eine physikalische Erklärung dafür? Ich meine warum ist DOF=0,17m bei d=8m OPTISCH gesehen weniger als DOF=0,14m bei d=2m? Grüße Otto — posted via https://oly-e.de —————————————————————————————————————————————— Datum: 23.10.2007 Uhrzeit: 10:41:31 Helge Suess Hallo Otto! > @Hermann: Na da bin ich ja beruhigt. Also kann man mit längeren > Brennweiten doch besser freistellen. Aber gibt’s da auch eine > physikalische Erklärung dafür? Ich meine warum ist DOF=0,17m bei > d=8m OPTISCH gesehen weniger als DOF=0,14m bei d=2m? Ohne es nachzurechnen, rein aus dem Bauch eine Antwort: Der Bereich brauchbarer Schärfe bedeutet ja nicht, dass es z.B. 0.17m breit Scharf ist und danach plö¶tzlich unscharf. Es geht hier um Winkel und da ändert sich die Steilheit des Verlaufes. Es geht also entweder sehr flach ins Unscharf oder ziemlich steil. Das wird optisch anders empfunden. Der Winkel richtet sich nach dem Bildwinkel und dem Abstand, nehme ich an. Keine Zeit, das auf dem Papier durchzuspielen. Vieleicht abends … Auf jeden Fall geht die Brennweite in die Formel quadratisch ein. Das bedeutet, dass ein Objektiv abhängig vom Bildformat deutlich unterschiedliche Ergebnisse bringt. Die Pixel-bzw. Korngrö¶sse die den Zerstreuungskreis vorgibt macht da vergleichsweise weniger aus. Helge ;-)=) 7 — posted via https://oly-e.de —————————————————————————————————————————————— Datum: 23.10.2007 Uhrzeit: 17:39:03 Hermann Schmitt Helge Suess schrieb: > … Es geht hier um Winkel… So isses. > … geht die Brennweite in die Formel quadratisch ein. > Das bedeutet, dass ein Objektiv abhängig vom Bildformat deutlich > unterschiedliche Ergebnisse bringt… So isses. Gruss, Hermann(2) 18?, nee 4! — posted via https://oly-e.de —————————————————————————————————————————————— Datum: 24.10.2007 Uhrzeit: 8:35:43 Helge Suess Hallo Otto! > ich hab mal versucht, auf theoretischem Wege herauszufinden, > welches Objektiv sich wie gut für Freisteller eignet. Das ist relativ einfach gesagt: Die Blende geht linear, die Brennweite quadratisch in die Formel ein. Das bedeutet, dass ein 50mm f2.0 weniger freistellt als ein 100mm f2.8 obwohl hier bei beiden Werten eine Verdopplung vorliegt. > Das Ganze habe ich für Querformatsaufnahmen mit einer Objektgrö¶ße > von 50cm durchgerechnet (~Portrait). > Die Distanz zum Objekt habe ich jeweils so angepasst, dass es > formatfüllend abgebildet wird. Der Ansatz passt. Es kommt nur auf die Entfernung an. Die kann man über den Bildwinkel gut bestimmen. > Jetzt ist es aber so, dass ich meine Ergebnisse nicht so ganz > glauben kann ;-). z.B. hätte ich mir vom Zuiko 50-200 bei > f3,5/200mm eine viel geringere Schärfentiefe erwartet, als von > einem 14-54 bei f3,5/54mm. Klar, die Objektentfernung ist nicht > die selbe, aber… Der Bereich alleine macht es nicht aus. Es geht auch um den Verlauf. Die Unschärfekreise wachsen quadratisch. Die Parabel hat den Nulldurchgang in der Entfernung a. Zwischen av und ah (v = vorne und h = hinten) ist nach Definition des tolerierbaren Unschärfekreises u‘ alles akzeptabel scharf. Die Form der Parabel wird von der Brennweite (quadratisch) und von Blende und Entfernung linear bestimmt. Eine Kennlinie für eine bestimmte Brennweite (die legt das Mass der Krümmung fest) wird durch die Blende flacher oder steiler. Je hö¶her die Brennweite, desto flotter biegt die Parabel nach oben ab (bei gleicher Blende). Eine weiter geschlossene Blende (oder mehr Abstand) biegt sie sanft nach unten hin auf, kann jedoch die durch die Brennweite verursachte Krümmung nicht aufheben. Wie wirkt sich das im Bild aus? Die Bereiche tolerierbarer Schärfe liegen mö¶glicherweise bei bestimmten Distanzen nahe beisammen, gehen jedoch unterschiedlich schnell in deutlich sichtbare Unschärfe über. Das schafft bei längeren Brennweiten mehr Freistellung. Dazu kommt noch, dass durch die Perspektive weiter hinten liegende Gegenstände näher wirken (siehe perspektivische Stauchung) und dann noch deutlich unschärfer sind. Das verstärkt die Freistellung subjektiv. Helge ;-)=) 9 — posted via https://oly-e.de —————————————————————————————————————————————— Datum: 24.10.2007 Uhrzeit: 10:31:35 Otto R. Hallo Helge! Danke für die super Erklärung! *top* Grüße von einem Otto der viel im Foren liest und dennoch immer wieder über die Qualität des Oly – Forums staunt. — posted via https://oly-e.de —————————————————————————————————————————————— Datum: 24.10.2007 Uhrzeit: 10:35:36 W. Schulze Hallo Helge, das hast Du wirklich super erklärt. So kann sogar ich das verstehen. Helge Suess schrieb: > … Dazu > kommt noch, dass durch die Perspektive weiter hinten liegende > Gegenstände näher wirken (siehe perspektivische Stauchung) und > dann noch deutlich unschärfer sind. Das verstärkt die > Freistellung subjektiv. aber ist Freistellung nicht insgesamt eine sehr subjektive“ —————————————————————————————————————————————— Datum: 24.10.2007 Uhrzeit: 14:17:25 Helge Suess Hallo Wolfram! > aber ist Freistellung nicht insgesamt eine sehr subjektive“ —————————————————————————————————————————————— Datum: 26.10.2007 Uhrzeit: 19:34:26 martinhuertgen Bedanke mich auch für die super Erklärung! Immmer wieder toll, wenn sich jemand so viel Zeit nimmt und die Mühe macht Ungebildeten zu helfen! Martin Helge Suess wrote: > Hallo Otto! > >> ich hab mal versucht, auf theoretischem Wege herauszufinden, >> welches Objektiv sich wie gut für Freisteller eignet. > > Das ist relativ einfach gesagt: Die Blende geht linear, die > Brennweite quadratisch in die Formel ein. > Das bedeutet, dass ein 50mm f2.0 weniger freistellt als ein 100mm > f2.8 obwohl hier bei beiden Werten eine Verdopplung vorliegt. > >> Das Ganze habe ich für Querformatsaufnahmen mit einer Objektgrö¶ße >> von 50cm durchgerechnet (~Portrait). >> Die Distanz zum Objekt habe ich jeweils so angepasst, dass es >> formatfüllend abgebildet wird. > > Der Ansatz passt. Es kommt nur auf die Entfernung an. Die kann > man über den Bildwinkel gut bestimmen. > >> Jetzt ist es aber so, dass ich meine Ergebnisse nicht so ganz >> glauben kann ;-). z.B. hätte ich mir vom Zuiko 50-200 bei >> f3,5/200mm eine viel geringere Schärfentiefe erwartet, als von >> einem 14-54 bei f3,5/54mm. Klar, die Objektentfernung ist nicht >> die selbe, aber… > > Der Bereich alleine macht es nicht aus. > > Es geht auch um den Verlauf. Die Unschärfekreise wachsen > quadratisch. > Die Parabel hat den Nulldurchgang in der Entfernung a. Zwischen > av und ah (v = vorne und h = hinten) ist nach Definition des > tolerierbaren Unschärfekreises u‘ alles akzeptabel scharf. > Die Form der Parabel wird von der Brennweite (quadratisch) und > von Blende und Entfernung linear bestimmt. Eine Kennlinie für > eine bestimmte Brennweite (die legt das Mass der Krümmung fest) > wird durch die Blende flacher oder steiler. > > Je hö¶her die Brennweite, desto flotter biegt die Parabel nach > oben ab (bei gleicher Blende). Eine weiter geschlossene Blende > (oder mehr Abstand) biegt sie sanft nach unten hin auf, kann > jedoch die durch die Brennweite verursachte Krümmung nicht > aufheben. > > Wie wirkt sich das im Bild aus? > > Die Bereiche tolerierbarer Schärfe liegen mö¶glicherweise bei > bestimmten Distanzen nahe beisammen, gehen jedoch > unterschiedlich schnell in deutlich sichtbare Unschärfe über. > Das schafft bei längeren Brennweiten mehr Freistellung. Dazu > kommt noch, dass durch die Perspektive weiter hinten liegende > Gegenstände näher wirken (siehe perspektivische Stauchung) und > dann noch deutlich unschärfer sind. Das verstärkt die > Freistellung subjektiv. > > Helge ;-)=) > 9 > > — > posted via https://oly-e.de > —————————————————————————————————————————————— Datum: 28.10.2007 Uhrzeit: 17:47:14 Herbert Pesendorfer Hallo Helge! Tolle Erklärung …. nun der von dir sicher schon erwartete Hilferuf für die Olypeda 😉 Es würde mich – und sicher auch die anderen – sehr freuen, wenn du das mit den zugehö¶rigen Beispielsparabeln in die Olypedia bringst. Tja, und dann hab ich noch 2 andere Fragen … aber die schicke ich dir besser per PM 😉 Liebe Grüße Herbert Pesendorfer ——————————————————————————————————————————————