oly-e Adventskalender 24.12.2021

Tja, das war’s dann mit dem Adventskalender. Heute geht es zum Schluss um Foodknipsereien. Also nicht die klassische, professionelle Foodfotografie , bei der Kochbücher bebildert werden, sondern das moderne “Ich will mein Essen knipsen, damit die Peergroup neidisch wird.”. Über die Weihnachtsfeiertage – gerade mit aktuell verringerter Fetendichte dürfte man dann doch die eine oder andere Gelegenheit haben, leckeres, hübsches Essen zu dokumentieren.

Ich werde diesmal auch ein paar Beispiele bringen, die ich persönlich für suboptimal halte – und auch erklären, was mich daran stört. Fangen wir an:

Ein Klassiker, Essen senkrecht nach unten zu fotografieren. Mit entsprechenden Tellern und Deko sieht das sehr grafisch aus und ist deshalb auch bei Fotografen für Speisekarten beliebt. Lecker geht anders:

Was ist der Unterschied? Die Perspektive ist gewohnt. Hier kann der Interessent virtuell sofort zugreifen. Beim Bild von oben sieht das Essen nicht mehr wie Essen aus. Es ist einfach unüblich sein Essen direkt von oben anzukucken und dann zu essen. Man sitzt nicht über dem Tisch, sondern am Tisch…..

Auch sehr beliebt – Tischtuchperspektive. Schnitzel mit Kartoffelsalat. Man beachte, das ist in etwa die Perspektive eines Kindes, das gerade so über den Tisch kucken kann. Der Griff geht dann eher nicht zur Gabel, sondern direkt zum Schnitzel. Hat was, höher ist aber besser. Vor allem, weil dann der Kartoffelsalat im Hintergrund durch das Tischtuch etwas separiert wird.

Hier nochmal Tischtuchperspektive:

Vom Essen sieht man fast gar nichts, es geht vor allem um Tischkeramik. Und das im Hintergrund sieht eher nach Abwasch aus, als lecker. Höher. Und durchaus auch kürzere Brennweiten.

Tischdeko – in Gruselstimmung. Wenn man sich hier noch Essen auf dem Teller vorstellt – geht gaaar nicht. Food bis zu 0,7 EV überbelichten. Das Essen sieht fast immer sofort frischer aus. Weißen Hintergrund, bewusst Mischlicht verwenden. Blaues Gegenlicht aus dem Fenster macht das Essen noch frischer, die Tischwäsche “weißer als weiß”. Ich habe schon Kochbücher gesehen, bei denen der Fotograf das Essen auf einer schwarzen Schieferplatte auf einem tiefdunklen, grobem Holztisch von oben fotografiert hat. Das war sicher “cool” – aber sah immer aus, wie schon mal gegessen.

Wenn man die Kerzenlichtstimmung haben will, dann auf 2800 Kelvin stellen und korrekt beleuchten. Ja. Die Kerzen fressen aus – das haben Lichtquellen so an sich. Wer auf gleicher Höhe ne Glühbirne als Beleuchtung verwendet, der stellt fest, dass die genauso ausfrisst. Ist so. Versuchen, unbedingt die ISO so gering wie möglich zu halten. Die kamerainterne Entrauschung sorgt bei hohen ISOs für Detailverlust und das sieht gerade bei Essen nicht gut aus. Der Stabi ist King. Und lichtstarke Optiken. Und nochmal: besser mehr Weitwinkel. Wenn vom Schnitzel nur die Zitrone scharf ist, dann ist das nicht optimal.

Nachtisch. Das Licht passt so weit, über die Schärfe kann man diskutieren – das Problem ist hier, dass der Nachtisch nicht am Platz fotografiert wurde, sondern bei der Bereitstellung. Und dass am Tisch der Kakao liegt. Ein bisschen optimieren ist bei Food erlaubt. Und, schwerer Fehler, der Löffel fehlt. Zum Essen muss das Besteck sichtbar sein. Und zwar immer so, dass der Betrachter sofort zu Essen anfangen kann.

Ach ja: es gibt diese berühmte Foodfotografie, bei der gegipste Eiskugeln und gefakete Hähnchen geknipst werden. Das gibt es. Gerne an Filmsets, weil da das Essen auch nach dem zehnten Take noch lecker aussehen muss. In der normalen Foodfotografie wird tatsächlich Essen fotografiert. Da hat man auch für das Foto eines Eisbechers keine Viertelstunde Zeit. Da steht der Eisbecher da, wird geknipst und fertig. Nächster Eisbecher. Gerade auch Produktfotografie in Katalogen muss immer original sein. Ein MCDonalds-Kunde weiß, dass das, was da über der Theke hängt mit der Pappdeckelbulette in der Verpackung nichts zu tun hat – aber nicht jeder Kunde ist damit einverstanden, schon rein prinzipiell verarscht zu werden. Und im Endeffekt ist es einfacher und billiger, einfach ins Regal zu greifen und das Essen auf den Tisch zu stellen, als aufwendig den Modellbauer zu bezahlen.

So, und nun wünsche ich euch eine schöne Weihnachtszeit. Und ein gutes neues Jahr….