Startseite › Foren › Bildkritik › Workshops › Inszenierte Fotografie
- Dieses Thema hat 30 Antworten sowie 6 Teilnehmer und wurde zuletzt vor vor 7 Jahren, 5 Monaten von Der Kleine Physiker aktualisiert.
-
AutorBeiträge
-
-
21. Mai 2017 um 8:55 Uhr #776
Das ist ein Foto vom ROly vom letzten Wochenende. Es ist inszeniert, weil wir Moni in einen Overall gesteckt und auf die Treppe geschickt haben. Von der Treppe hat Katharina, die das Bild zuerst gedacht hat, natürlich das beste Foto. (Das hier ist sozusagen ein „Schwarzknipsbild“ – das Bild eines Fotografen, der die Bildideen anderer Leute klaut und mitknipst.)
Es geht mir aber hier gar nicht um einen Vergleich, wer ist besser, wer ist schlechter. Oder ums Schwarzknipserbashing, wie man sieht, mache ich das auch gelegentlich, wenn auch mit schlechtem Gewissen. (Andy hat mich in der Senfmühle zu Recht angepfiffen.)
Es geht mir generell um eine Diskussion zur inszenierten Fotografie, vor allem, weil ich immer wieder angesprochen werde „gestellte Fotos sind voll Sch****“.
Für mich ist inszenierte Fotografie aus mehreren Gründen die Königsdisziplin der Fotografie:
– ich habe ein Location Release und ein Model Release. Ich kann also, im Unterschied zu Streetfotografie, die Bilder veröffentlichen.
– ich habe die Kontrolle über Licht, Pose, Kostüm und Hintergrund.
– ich muss vor dem Bild bereits das Bild im Kopf haben, um mein Bild, wie ich es mir vorstelle, aufzubauen. Natürlich hat das gelegentlich Grenzen, mal schnell eine Halle leerräumen wenn man nur noch 10 Minuten Location-Zeit hat, geht natürlich nicht.
– Ich muss gelegentlich akzeptieren, dass ein Bild, das ich mir toll vorgestellt habe, mit den Gegebenheiten nicht realisierbar ist, gelegentlich auch, weil die Physik einfach nicht mitspielt.Ja, zur inszenierten Fotografie gehört natürlich immer ein „Model“ – und für mich eine „Geschichte“, die das Bild glaubwürdig macht. Glaubwürdig bedeutet für mich, dass eine Situation denkbar ist, in der dieses Bild „passiert“ wäre. Es gibt viele Fotografen, die hier ein Aktmodel auf die Treppe gestellt und dann mit einem fetten Blitz ausgeleuchtet hätten. Abgesehen davon, dass es da oben ziemlich kalt war – welche Geschichte ist denkbar, bei der so ein Bild entsteht?
Soweit meine Ansicht….
-
21. Mai 2017 um 9:16 Uhr #5276
Na, mir gefällt die angezogene Moni durchaus. Aber auch zu einem Aktmodel auf der Treppe würde mir eine Geschichte einfallen, um das zu „rechtfertigen“ Nur würde ich auch das Aktmodel in so einer Location nicht totblitzen sondern als Schattenriss erscheinen lassen…
Bei mir ist Modelfotografie üblicherweise eine Mischung aus inszeniert und improvisiert. Gerade wenn ich die Location nicht kenne muss ich improvisieren. Aber durchaus mit Bildideen im Kopf, die ich dann zusammen mit dem Model umsetze.
Aber ob das jetzt deshalb die Königsdisziplin ist weiß ich nicht.
jm2c
Martin -
22. Mai 2017 um 8:55 Uhr #5288
Bei meinem Ansatz versuche ich eine Kulisse zu schaffen, in der ein Theaterstück abläuft. Der Betrachter ist passiv und ist in das Geschehen nicht einbezogen. Das hat den Vorteil, dass Menschen mit gleichem, kulturellem Hintergrund gleiche oder ähnliche Geschichten wahrnehmen.
Das „Problem“ bei deinen „Theater“-Bildern ist, dass der Betrachter des Bildes eben kein Theater-Stück sieht, sondern nur einen einzigen Moment. Und ihm auch „Szenen“-Infos fehlen, die du als Vor-Ort-Gewesenen hast. Wenn schon Menschen recht oft die kompletten Theaterstücke nicht verstehen, wie sollen sie dann zuverlässig ein Foto aus dem Theaterstück „richtig“ interpretieren. Sie können treffen, können aber auch völlig daneben liegen.
Bei deinem Eingangsbild sehe ich immer noch eine Frau, die traurig die Treppe herunter geht. Mich interessiert bei diesem Bild, was oben war, da wo sie her kommt, oder unten auf sie wartet, weil ich ihre Traurigkeit verstehen will. Ob das Lagerhalle, Fabrik oder sonstwas ist, ist dabei völlig wumpe
Ich nehme Anteil an der Traurigkeit/Unsicherheit der Frau – und damit ist das Bild für mich gut!
Bei der Asiatin bin ich mir nicht sicher, ob ich die Frau als Bedrohung einorten muss oder nur neugierig bin, was da wohl den Nebel ausgelöst hat – und damit funktioniert das Bild bei mir nicht.
Dein letztes ist ja wie mein Jenny-Bild. Nur leider passt die Armhaltung nicht zum „lässigen“ Türrahmen-Stehen. Das ist schade. Aber es ist ja auch „nur“ ein HDR-Test ))
lg, Martin
-
22. Mai 2017 um 10:16 Uhr #5290
Bei der Asiatin sehe ich nicht ihre Ambivalenz. Ich hab meine eigene…
Und „beam me up Scotty“ habe ich sofort erkannt. Auf den ersten Blick!
))
-
22. Mai 2017 um 13:32 Uhr #5292
Irgendwas mache ich noch falsch…
Ja, und ich kann dir auch sagen, was! *lol*
Dein Ziel ist, dass deine Bilder bei den Betrachtern möglichst genau die Geschichten im Kopf in Gang setzen, die du beim Erstellen selber im Kopf hattest.
Das ist aber Glücksache, weil wir alle unterschiedlich sind und alle anders ticken. Trotz „gleichem kulturellen Hintergrund“.Wenn du für dich dann danach (d)ein Bild in gut oder schlecht, funktioniert oder funktioniert nicht, einsortierst ist das weder representativ noch befriedigend.
Bzgl. der Dame auf dem Nebelsockel mögen viele Menschen an Parfum-Werbung denken. In deinem Sinne: Bild funktioniert nicht. Ich habe aber sofort an „Traumschiff Entenscheiß“ gedacht. Also: Bild funktioniert!
Klar kannst du dir zum Ziel setzen, dass möglichst viele Menschen DEINE Geschichte erkennen. Ich freue mich aber immer schon, wenn die Menschen überhaupt EINE Geschichte erkennen…
Nun frage ich mich natürlich: ist einfach mein Anspruch nicht so hoch wie deiner? Oder schießt deiner übers Ziel hinaus, weil er viele Bilder aussortiert, die einfach anders funktionieren, als du es dir vorgestellt hast?
Was ist erstrebenswert(er)? Möglichst vielen Menschen einen Denkanstoß zu geben oder wenigen GENAU einen bestimmten Denkanstoß? Ich weiß es nicht. Vielleicht wechselt das ja auch von Bild zu Bild…
-
22. Mai 2017 um 19:29 Uhr #5293
Ich denke inszenierte Fotografie muss nicht zwangsläufig Story-Telling als Intention haben.
„Photos have no narrative content. They only describe light on surface“ (Garry Winogrand)
Die Weisheit, dass ein Bild gut wäre, wenn es eine Geschichte erzählt ist gängig. Ich pers. bin aktuell der Meinung, dass ein Bild welches beim Betrachter „Kopfkino“ auslöst inhaltlich betrachtet auf jeden Fall kein schlechtes Bild sein müsste. Dass aber so ein Kopfkino nicht unbedingt bei jedem Betrachter gleich ausgelöst wird macht die Sache natürlich wieder kompliziert
Nicht einfach…
Es schadet meistens auch nicht, wenn ein Foto zunächst Aufmerksamkeit erzeugt bzw. wahr genommen wird. Da haben Gegenlichtfotos, besonders welche die Silhouetten von Menschen beinhalten, naturbedingt einen Vorteil. Na ja, und das weibl. Silhoutten bei Männern vielleicht noch etwas mehr Aufmerksamkeit erzeugen liegt ja auch…
Womit wir dann langsam zum Foto von Martin Wieprecht kommen: Leicht bekleidete Dame in Heels mit Hohlkreuz steht … ist doch egal wo sie steht )
Kubrick war ja Fotograf bevor der „Filmmaker „wurde. Vielleicht war das einfach die logische Konsequenz aus dem Umstand heraus, dass Kubrick allein mit Hilfe von Stills bzw. Fotos die Stories nicht erzählen konnte, die er in seinem Kopf hatte…
-
23. Mai 2017 um 8:30 Uhr #5295
…sind so eine Sache.
Ich mag die Fotos mit Geschichte ja – wird jeder wissen, der mich kennt – aber meiner Meinung nach muss ein Foto nicht unbedingt eine Geschichte erzählen um gut zu sein. Es gibt durchaus gut anzuschauende Fotos ohne Geschichte, etwa Bilder mit geometrischen Mustern oder auch die „Unschärfebilder“ von Subash und anderen. Die haben (meist) keine Geschichte sondern wirken nur rein bildlich. Mag natürlich auch nicht jeder und nicht unbedingt immer, aber sie haben trotzdem ihre Berechtigung – und sei es als Wartezimmerschmuck.
Und wenn ein Bild eine hübsche Frau, vielleicht noch mehr oder weniger unbekleidet zeigt, brauche ich auch nicht unbedingt eine Geschichte im Bild – ich bin halt auch nur ein Mann (Mary würde jetzt sagen: Appetit holen kannste Dir überall, aber gegessen wird zu hause).Wenn man aber eine Geschichte in einem einzigen Foto haben will, wird es schwer, vor allem wenn man vor hat bei jedem Betrachter die gleiche oder zumindest eine ganz ähnliche Geschichte zu erzeugen. Ich hatte das ja mal als Wochenthema erstellt (als es das noch gab), war echt schwer, meist gab es zu einem Foto so viele Geschichten wie Betrachter. Gelingt mir i.d.R. auch nicht. Am ehesten geht es noch mit einer Collage oder was ich gerne mache: ein Foto-Comic, dann sind wir aber eben nicht mehr bei nur einem Foto…. (dafür kann man Fotos zusammenbauen, die ursprünglich gar keine gemeinsame Geschichte hatten)
Die Weiterentwicklung ist dann das bewegte Bild (früher hat man Film dazu gesagt, heute gibt es einen neumodischen Abklatsch davon). Toll was da viele zusammenbauen (aber das meiste im Netz ist eher… naja), aber mein Ding ist das nicht (mehr) – ich mache da aber gerne mit, ob als Kamerahalter oder Antiheld….Andy
imgeschichtenmodus -
24. Mai 2017 um 20:46 Uhr #5328
Spannend. Wenn ich etwas sehe, dann habe ich keine Geschichte im Kopf, sondern Bilder…..
Das erinnert mich an ein Bild, dass ich (lang ists her) im Kunstunterricht gemalt habe. Wir hatten den Auftrag, ein naturalistisches Stillebenzu malen. Ich fand das Thema stinklangweilig und habe wahllos einige Gegenstände, die mir in die Hände fielen, auf einem Tisch arrangiert und gemalt. Ein Turnschuh, eine leere Weinflasche, eine Schale und eine abgebrannte Kerze. Im Unterricht entbrannte Diskussion darüber, was ich hatte darstellen wollen. Ich sass still da und hörte mir die Fantasien der anderen an. Es war unglaublich, was andere in diesem Bild der Sinnlosigkeit sahen.
Für diese Sinnlosigkeit gab es dann auch noch eine gute Note *g*Und nun zum Schwenk auf das Eingangsbild: Ich finde Bilder von sexy gekleideten Frauen in Fabrikhallen langweilig. Deshalb hatte ich mir eine Overall gewünscht. Bei Frau in Overall hatte ich sofort Bilder im Kopf, ohne Geschichte, einfach Bilder…
Als ich dann diese Fenster sah, wusste ich, ich muss eine Möglichkeit finden, sie vor dem Fenster zu platzieren, da war dann diese Treppe….lg, Katharina
-
24. Mai 2017 um 20:51 Uhr #5329
So sieht übrigens meine Version aus mit Artfilter Cross II
-
21. Mai 2017 um 9:33 Uhr #5277
Hallo Martin, Lost Place habe ich auch..
Die Frage ist für mich – welche Story gibt es für die nackte Frau auf der Treppe in der Fertigungshalle? Ernsthaft. Ich sehe ja auf der MK und Facebook reihenweise leicht oder gar nicht bekleidete Damen in Locations, wo ich nur mit Sicherheitsschuhen und Helm reingehen würde. Mir fällt da einfach keine Story dazu ein. Außer eben zum Zwecke eines Fotos. (Und ja, ich weiß, dass manche Frauen total scharf drauf sind, so abgelichtet zu werden. Wir reden also hier nicht über Ausbeutung weiblicher Reize, mir geht’s hier tatsächlich um den Hintergrund eines solchen Bildes.)
Auch zu Deinem Bild oben fällt mir keine Story ein. Hast Du da eine?
Die andere Frage ist natürlich: Ist eine Story notwendig? Wenn nein, und es ist einfach eine Frau am Türrahmen – ist das Bild gut, und wenn ja, warum? -
22. Mai 2017 um 7:38 Uhr #5286
Naja, Reinhard, die Frage ist immer, ob der Betrachter die Story erkennt bzw. welche er erkennt…
Und dann ist es ein zweiter Punkt, ob das Bild gut ist oder nicht.Deine Frau als Schattenriss abwärts auf der Treppe vor großem Fenster, Körpersprache Unsicherheit oder Traurigkeit. Mehr sehe ich nicht. Der Rest ist Phantasie…
Lagerhalle? Fabrik? Lost Place? Kunstausstellung im alten Gebäude? …? Reine Vorstellungssache!
Unsicherheit weil die Treppe rutschig ist? Weil sie nicht weiß, was sie unten erwartet? Angst vor einer neuen Aufgabe? Oder Traurigkeit, weil sie oben links irgendwo rausgeschmissen wurde? …? Alles reines Kopfkino!Für mich ist ein Bild gut, wenn es das Kopfkino anregt! Aber ob meine Kopfkino-Story auch deine Story ist, wage ich zu bezweifeln.
Nackte Frau auf der Treppe? Hat auch Kopfkino-Chancen. Und, nein, nicht nur in eine Richtung. Je nach Körperhaltung der Frau kann da eine völlig unterschiedliche Aussage drin stecken. So wie dein Bild auch völlig anders ausgesehen hätte, wenn Moni mit erhobenem Haupt und durchgestrecktem Rücken, womöglich ohne Hand am Geländer, die Treppe hinab gestiegen wäre…
Asiatin mit Schwert in alter Türfüllung, nach links aus dem Bild schauend…
Hat sie gerade einen Eindringling vertrieben? Oder erwartet sie einen? Ist sie selber ein Eindringling? Dafür ist sie eigentlich nicht angespannt genug. Also wohl kein Kampf, eher beobachtend. Und der Nebel? Hat `was, passt aber nicht zum offensichtlichen Sonnenschein. Also Rauch? Feuer? Schusswaffen? Letzteres passt nicht.
Ja, das Kopfkino läuft, aber meine Story ist noch nicht schlüssig. Was ist deine?Jenny auf HighHeels im LostPlace. Der „übliche“ Kontrast von reizvoller, „schöner“ und schön zurecht gemachter Frau in heruntergekommener Umgebung. Körperhaltung wartend, aber nicht wirklich freudig. Eher träumend oder gar traurig.
Versetzt worden? Enttäuscht von dem vereinbarten Treffpunkt? Hat sich da eben ein Prinz in einen Frosch verwandelt und ist davon gehüpft? Oder schauen wir gerade Jenny bei ihrem Kopfkino zu? Träumt sie sich gerade ihre trostlose kleine Welt schön? Und mein Kopfkino als Betrachter? Beschützerinstinkt? Zarte, hübsche, junge Frau, deren Vater ich sein könnte, steht verloren in einer unpassenden Location herum… Werde ich gebraucht? Muss ich helfen? Darf ich der Retter, der Held sein für die Prinzessin, wo ich im Alltag doch sonst kaum noch gebraucht werde? …
Jenny hat das Bild gefallen. Für mich ist es kein Highlight, aber auch nicht unansehnlich. Und Kopfkino geht da durchaus…jm2c zum Wochenstart
Martin -
22. Mai 2017 um 8:18 Uhr #5287
Hallo Martin, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast. Ich hab’s nie kapiert. Aber jetzt verstehe ich das – es sind quasi zwei unterschiedliche Ansätze. Bei meinem Ansatz versuche ich eine Kulisse zu schaffen, in der ein Theaterstück abläuft. Der Betrachter ist passiv und ist in das Geschehen nicht einbezogen. Das hat den Vorteil, dass Menschen mit gleichem, kulturellem Hintergrund gleiche oder ähnliche Geschichten wahrnehmen.
Deine Fotos funktionieren nur mit dem Betrachter. Sie dienen als Trigger für dessen Wünsche und Vorstellungen. Interessiert sich der Betrachter aus irgendwelchen Gründen nicht für die Person, ist das Foto „schlecht“. Ist das Interesse geweckt, ist das Foto „gut“.Der Ansatz ist anders – und ich habe ihn bisher nicht verstanden, warum auch immer. Aber ich werde in Zukunft auch diesen Ansatz in meine Betrachtungen einbeziehen.
Frau in Türrahmen habe ich auch noch – ein anderes Bild aus der Serie habe ich in ein paar Büchern verwendet. Allerdings ging es bei dem Bild für mich um Kontrastbewältigung in der Kamera, HDR und so Kram, also rein technische Fotografie -Story Fehlanzeige. Zumindest für mich. Natürlich könnte ich da was reingeheimsen, aber da war nie was dabei gedacht – wäre also unehrlich.
Aber in Zukunft würde ich so ein Bild wohl anders machen. Ich würde es zumindest mal versuchen – ob’s mir dann gefällt ist die andere Frage, und ob ich dabei bleibe. Aber ich verspreche, es zu versuchen.
Eventuell liegt mein völliges Versagen beim Beine Langziehen auch am falschen Ansatz. Ich werd’s versuchen… Der Kopf ist rund, dass die Gedanken die Richtung wechseln können…
-
22. Mai 2017 um 9:40 Uhr #5289
Bei der Asiatin funktioniert das Bild anscheinend doch. Genau diese zwiespältige Geschichte sollte sein. Ich hatte hier Full Metal Jacket bzw. Apocalypse Now im Hinterkopf. Eine Frau, die in einer Ruine herumstreift und genau weiß, dass sie mit ihrem Spargelschäler nichts ausrichten kann und auch nicht weiß, was sie nun wirklich macht, wenn da ein GI auf sie zukommt. Genau diese Ambivalenz scheint ziemlich gut rüberzukommen…. (Die Klamotten sind übrigens Original…)
Dass mit einem Bild nicht das ganze Theaterstück abgebildet werden kann ist klar – aber ich versuche, möglichst viel Handlung ins Bild zu packen, ohne es mit Elementen zu überladen. Das funktioniert oft genug nicht – manchmal weil ich es eben richtig versemmelt habe, manchmal weil die kulturellen Hintergründe unterschiedlich sind und ich Dinge als bekannte Klischees vorausgesetzt habe, die aber halt nicht bei jedem funktionieren.
Ein Beispiel ist das Bild oben – das habe ich richtig verkackt. Ich wollte eine Raumschiff-Enterprise-Geschichte machen. Beam me up Scotty, die schöne Ausserirdische. Licht von oben, Nebel, alles ausgedacht, aber es funktioniert einfach nicht. Nicht mal ansatzweise. Nicht mal, wenn jemand die Anleihe beim Transporterraum erkennt. So kann’s schief gehen….. Und manchmal funktioniert es – wie bei dem Bild mit Moni auf der Treppe – ein Klischee, das man erkennt, mit dem man Gefühle verbindet.
-
22. Mai 2017 um 11:16 Uhr #5291
Irgendwas mache ich noch falsch…
-
22. Mai 2017 um 19:59 Uhr #5294
Deswegen drehe ich ja auch Videos – weil es Geschichten gibt, die nicht in einem Foto erzählt werden können…
Das Zitat von Winogrand – klar – der Mann war Streetphotograf. Inszenierte Fotografie war für den ein Fremdwort.
Dass natürlich auch für inszenierte Fotografie die Regel von Schlüsselreizen gilt, ist klar. Es ist eben nur die Frage – lässt man es bei den Schlüsselreizen bewenden oder versucht man mehr reinzupacken?
-
23. Mai 2017 um 10:48 Uhr #5296
Was mich daran erinnert, dass ich Deine Geschichte noch in HTML packen muss…. Einfach zu viel los in den letzten Tagen…
-
23. Mai 2017 um 15:34 Uhr #5298
Vielleicht probieren wir es andersrum. Ich sehe als Vorbild bei der inszenierten Fotografie Buchillustrationen oder auch die gegenständliche Malerei bis ins 20. Jhd. Die meisten Bilder waren im Endeffekt Illustrationen zu mehr oder weniger bekannten Geschichten – aus der Bibel oder irgendwelchen Sagen. Wir sind mittlerweile weiter und haben eine zusätzlichen Vorrat an Überlieferungen – dazu gehört auch StarTreck und auch die „gute alte Zeit“ oder was man sich darunter vorstellt. Das Bild oben ist natürlich nicht inszeniert, aber im wörtlichen Sinne natürlich schon – da gibt’s Leute, die absichtlich so rumlaufen. Eben als Inszenierung, eine Art Freilufttheater. Dieses Bild hat als Story eine Stimmung – so ein „Kaiserzeit-Gefühl“, was auch immer das sein mag. Klar kann man da was hineingeheimsen, aber es ist nichts anderes als ein Street-Photo. Halt anders. (Wobei es auch ziemlich renommierte Künstler gibt, die schon 20 Jahren ihre Streets inszenieren, teilweise mit Dutzenden von Akteuren und richtig Aufwand.)
-
25. Mai 2017 um 6:44 Uhr #5331
Das mit dem Hineingeheimnissen in Kunst ist ein beliebtes Beispiel. Das Problem dabei: das Argument liefert keine Aussage. Es ist das Gleiche wie mit der Feststellung- immer wenn Vollmond ist, ist gutes Wetter, weil man ja, wenn man den Vollmond sieht, es ja logischerweise keine Wolken hat.
Es gibt Künstler, die machen einfach ein Bild und die anderen liefern dann eine Interpretation nach – und andere, die denken sich unglaublich viel dabei und keiner merkt’s. Und alle Zwischenstufen.Aber ich denke, man muss sich überlegen, wie man an ein Foto rangeht. Inszenierte Fotografie bedeutet ja erstmal nur, dass man ein Motiv aufbaut und das dann fotografiert. Ob das ein Produkt ist, oder ein Model oder beides ist ja erstmal für den Begriff egal. Auch Martin inszeniert ja seine Fotos – auch wenn die Fotos nicht auf einer narrativen Ebene ansprechen. Es ist ja mein persönlicher „Hau“, dass ich Handlung in meinen Bildern haben will. Einen „Grund“. Eine Antwort auf die Frage „Warum?“.
Dein Bild von Moni in der Höhle finde ich sehr, sehr schön – aber es ist unpersönlich, es erinnert mich an die Schneekönigin. (Nicht die von Disney, sondern die originale von Andersen) Wunderschön aber eiskalt. Andy hat Moni mit Spiegelbild an der „Pfütze“ abgelichtet. Das ist nicht so „schön“ – aber es berührt mich. Wie Klaus Tiedge gesagt hat – lasst uns berührende Bilder machen. -
25. Mai 2017 um 9:11 Uhr #5336
Für mich gibt es keine Wertung, was denn nun besser wäre. Ich denke, beides gat seinen Platz. Mich berührt Guernica ebenso wie ein Landschaftsbild von Nolde. Beide sprechen meine Sinne an. Das eine stösst ab (ich würde mir Guernica nie ins Wohnzimmer hängen) ist hart und grausam, das andere überflutet mich mit Farbenpracht. Aber auch da interpretiere ich nicht, ich betrachte und lasse wirken. Ich komme ehrlich gesagt nicht einmal auf die Idee zu spekulieren, was der Künstler wohl erzählen wollte. Meine Wahrnehmung bleibt auf das optische und mein Gefühl dazu beschränkt.
Vielleicht sollte ich dazu erwähnen, dass Worte für mich immer nur eine Übersetzung meiner Gedanken sind und ich das lesen erst recht spät mit beinahe 8 Jahren gelernt habe. Vorher hatte ich dazu keinen Zugang. -
25. Mai 2017 um 9:57 Uhr #5337
„Besser“ ist, denke ich, der falsche Begriff. Wenn die Zielgruppe getroffen ist, ist das Bild gut. Wenn Tante Elfriede vor dem Eiffelturm steht, dann ist wichtig, dass man beides erkennen kann. Wenn man da ein Porträt mit 1,2 macht, dann ist das fail.
Was für mich ein schlechtes Bild ist, ist ein Bild, das auseinanderfällt weil nicht auf die einzelnen Komponenten geachtet wird. Und weil wir da schon mal bei der inszenierten Fotografie sind: Für mich ist der häufigste Fehler, dass der Gesichtsausdruck des Models nicht zur Pose oder/und zum Bild passt. Meistens sehen die Models verkniffen oder todernst oder sonstwie unentspannt. Das Bild oben ist ein Beispiel für so einen „Fail“. (Und ja, es ist eigentlich scharf, aber es stammt aus einem Petzval….)Es gibt Menschen, die lichten Models immer mit möglichst potenten Waffen im Anschlag ab. Die Models dabei vorzugsweise nackt. (Interessanterweise gibt es Frauen, die es total klasse finden, so abgelichtet zu werden – und andere Frauen, die nur so tun, als würden sie es klasse finden, weil sie dafür bezahlt werden. ) Für mich ist die Frage: ist das Kunst, oder kann das weg? Eine Story, warum ein Mädel im Stringtanga mit einer AK47 oder einer Kettensäge rumfuchteln sollte, fällt mir akut nicht ein (dafür habe ich meine Pubertät zu lange hinter mir) (Man kann so ein Bild natürlich auch so machen, dass es eine Story dazu gibt – aber das kriegt garantiert keine 5000 Likes auf Facebook sondern wird sofort gelöscht….)
Die Frage ist also mal wieder, was sind in der inszenierten Fotografie Kardinalfehler? Was sollte man tunlichst vermeiden? Gibt’s sowas überhaupt, oder „anything goes“ – Hauptsache, es findet jemand toll? -
29. Mai 2017 um 20:29 Uhr #5410
Ich sehe als Vorbild bei der inszenierten Fotografie Buchillustrationen
Das ist es bei dir ja auch relativ häufig…
-
29. Mai 2017 um 20:51 Uhr #5412
Eine Story, warum ein Mädel im Stringtanga mit einer AK47 oder einer Kettensäge rumfuchteln sollte, fällt mir akut nicht ein (dafür habe ich meine Pubertät zu lange hinter mir)
Da ist mir auch in der Pubertät nichts zu eingefallen!
Das Mädel kann (bzw. konnte) noch so sexy sein: Sind Waffen im Spiel ist für mich die Erotik so gut wie immer raus. Story hin, Pubertät her (das gilt bei mir auch für „Spargelschäler“).Aber ich halte es da eh wie Katherina. Das Bild darf mich auch ansprechen, ohne dass ich da gleich eine Story hinter suche.
Was wäre denn die Story zu „Mädel mit Flying-V“?
Für mich ging es in erster Linie darum, den Schwarz-Weiß-Rot-Flash zu inszenieren. No story – just pepp!
-
29. Mai 2017 um 20:52 Uhr #5413
Ivi auf der Treppe dagegen hat für mich eine Story…
…sehr ihr auch eine?
-
30. Mai 2017 um 4:03 Uhr #5416
No Story – jo, das ist für mich ein Pin-Up-Bild. Ein Gutes. Das zum Beispiel kann ich nicht. Ich hab’s versucht. Ich kriege das nicht hin. Technisch sollte ich es drauf haben, aber ich kriege dieses Gefühl nicht hin – und ich habe da keine Bilder im Kopf. Bei mir geht’s anscheinend nicht ohne „Drama Baby“ ab.
Kann man Pin-Up lernen? -
30. Mai 2017 um 3:54 Uhr #5415
Nein, Sorry. Mir fehlt da jeder Anknüpfungspunkt. Warum sitzt das Mädel mit den Schuhen und im Hemd auf der Treppe und macht die Beine breit? Der obere Teil des Mädels ist „zugeknöpft“ und macht eher den Eindruck „lass mich in Frieden“. Aber dazu passen die Beine nicht. Das Outfit passt für mich nicht zusammen. Ist es gerade Sommer und sie ist im Outfit für eine Party? Aber warum dann die Pose? Schlüssel vergessen und wartet auf den Türöffner? Ne, das Bild holpert für mich.
-
30. Mai 2017 um 9:31 Uhr #5422
Ich schreib jetzt mal meine Antwort nicht, falls sich noch jemand anderes beteiligen möchte…
PS.:
So langsam werde ich klaustrophobisch! Es wird hier immer enger! (Firefox auf Win7) -
30. Mai 2017 um 9:38 Uhr #5423
Ich weiß nicht, ob man das lernen kann…
Ich mache das einfach. Und ich glaube, es funktioniert, wenn Model und Knipser (und Arrangeur der Szene) auf einer Wellenlänge schwimmen.
Wir könnten das ja mal andersherum versuchen…
Da du ja jetzt mehr Zeit hast (*gnigger*) schaust du bei der nächsten Bahnfahrt mal (wieder) in der MK auf meiner Seite rum (oder in meinem fc-portfolio, s. Link unten) und schreibst mir dann, welches Pin-Up aus meiner Feder bei dir „funktioniert“ und welches nicht. Dann kann ich rekapitulieren, wie das mit dem Model in der Szene war. Das wäre ja vielleicht mal ganz aufschlussreich, oder?! -
30. Mai 2017 um 9:38 Uhr #5424
das liegt nicht am Browser oder Betrienssystem, ein 72″ Bildschirm könnte helfen
-
30. Mai 2017 um 9:39 Uhr #5411
Da ist Dynamik drin!
Sowohl die Körperhaltung von Moni als auch der kleine Teil der Treppe, der „wieder zurück“ führt, geben dem Bild „Bewegung“…
lg, Martin -
30. Mai 2017 um 9:40 Uhr #5425
-
19. Juni 2017 um 6:35 Uhr #5544
Da der Thread hier ja offensichtlich eingeschlafen ist nun die Auflösung für das Bild von Ivy auf der Treppe…
Es ist das selbe Outfit (selbe Treppenhaus, selbe Session) wie das hier:
https://booksagain.fotografierer.com/images/product_images/info_images/QP8290234b%20MK%20XXL.jpg
Ivys Intention war „heim von der Party und den Schlüssel verloren“ oder „der Frosch war doch kein Prinz“. Also traurig und etwas hilflos auf der Treppe…
…und ich habe mir Mühe gegeben, dass die Treppenhauslampe etwas Vollmondstimmung aufkommen lässt *lach*.Bei manchen Menschen (Männern) funktioniert das Bild in Richtung Beschützer- oder Helferinstinkt. Bei anderen offensichtlich nicht
lg, Martin
-
-
AutorBeiträge
- Du musst eingeloggt sein, um hier zu antworten.